Viele Hundebesitzer stellen sich sehr früh oder auch später die Frage, ob sie   ihren Hunde kastrieren lassen sollten. Wir sind absolute Gegner der Kastration,   wenn nicht irgend eine medizinische Indikation vorliegt und haben kein   Verständnis dafür, dass Tierärzte sich mit dieser unnötigen Operation die   Taschen mit Geld füllen. 
            Auch unsere RZV-Welpen- und Notfallvermittlungsstelle, die liebe Frau   Stickel, wird häufig genug mit diesem Thema konfrontiert und hat auf Grund   dessen einen Artikel dazu verfasst, den wir voll und ganz unterstützen... aber lesen   Sie selbst.  
           
"Sowohl  als Hundebesitzerin, als auch bei meiner Arbeit in der Welpen- und  Notvermittlung werde ich immer häufiger mit dem Thema Kastration  konfrontiert.             Die Argumente beginnen mit:  
            
              - ich will nur einen Familienhund
 
              - ich werde niemals züchten
 
              - das Theater mit der Läufigkeit tue ich mir nicht an
 
              - ich hoffe, dass mein Rüde weniger aggressiv wird und andere Rüden ihm nichts tun 
 
             
            und enden mit:             
            
              - die Gefahr des Gesäugetumors wird vermieden
 
              -  eine Prostataerkrankung kann er nicht mehr bekommen 
 
             
            Selbstverständlich  gibt es medizinische Gründe, Rüde oder Hündin kastrieren zu müssen.  Dazu gehören beim Rüden Kryptorchismus (Einhoder) und  Prostataerkrankungen, bei der Hündin ist es vor allem die konservativ  nicht beherrschbare Pyometra (eitrige Gebärmutterentzündung) und  hormonelle Entgleisungen im höheren Alter. 
            Wer aber gibt uns das Recht, in den Hormonhaushalt eines gesunden, jungen Hundes einzugreifen? 
             
            Um hier einmal die Statistiken zu bemühen:             
            Weniger  als 10 % der Hunde verlieren ihre Aggressionen. Vor allem die  Angst-Aggression wird gesteigert. Ein unverhältnismäßig aggressiver Hund  ist das Produkt seiner Erziehung und nicht seiner Sexualhormone. Das  Verhältnis der Hunde untereinander wird in den allermeisten Fällen  verschlechtert und nicht verbessert.             
            Eine  Kastration nach der ersten Läufigkeit der Hündin hat kaum mehr Einfluss  auf die Entwicklung eines Gesäugetumors. Es ist vor allem zu bedenken,  dass insgesamt nur ein verschwindend geringer Prozentsatz aller  Hündinnen im Laufe ihres Lebens einen bösartigen Gesäugetumor entwickelt  und das unabhängig von der Zuchtverwendung. Eine Scheinträchtigkeit ist  ebenfalls kein Grund für eine Kastration. Sie ist durch die hormonellen  Vorgänge nach der Läufigkeit immer gegeben und sollte besser durch  Auslastung und Ablenkung der Hündin therapiert werden.             
            Ganz  im Gegenteil haben die armen, vor allem jungen Kastraten es schwer,  sich in eine Hundegemeinschaft einzufügen. Sie werden nicht anerkannt –  sind nicht Fisch nicht Fleisch. Sie werden von den „vollständigen“  Hunden regelrecht gemobbt, da sie ja eigentlich keine vollwertigen  Mitglieder eines Rudels sein können. Vor allem unsere spät entwickelten  Hovawarte brauchen ihre Zeit um hormonell erwachsen zu werden. Ein früh  kastrierter Hund behält sein „Kindchenschema“ und ist auch in seiner  Lernfähigkeit eingeschränkt.             
            Hinzu  kommen die lange nicht bedachten körperlichen Folgen. Die hormonelle  Entwicklung in der Pubertät ist unabdingbar notwendig für das Ausreifen  von Knochen, Gelenken, Muskulatur und Bändern. Durch eine Kastration  altert jeder Hund schlagartig körperlich, was die entsprechenden  Auswirkungen auf seinen Stützapparat zur Folge hat. Außerdem wird  zwischenzeitlich beschrieben, dass Kastraten eine höhere Anfälligkeit  für Knochentumoren und Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) zeigen.  Das Argument, dass vor allem die Rüden unter ihrem ständigen Wunsch nach  sexueller Befriedigung leiden, zählt nicht. Auch bei freilebenden  Caniden kommt höchstens ein Viertel des Rudels zum Einsatz. Die Anderen  helfen bei Aufzucht und Erziehung mit und leben trotzdem glücklich in  ihrer Gemeinschaft. Für Hündinnen gilt das Gleiche. Kein Hund muss sich  fortpflanzen, um ein erfülltes Hundeleben zu haben.             
            Also  seien wir doch bitte ehrlich zu uns selbst. Gesunde Hunde werden  kastriert, weil die Läufigkeit lästig ist, der Rüde mal heulen könnte,  wenn eine läufige Hündin in der Nachbarschaft ist, weil unser  Erziehungsprogramm nicht funktioniert hat und wir keinen Ausweg mehr  wissen. Weitere Gründe können hinzugefügt werden. Hier gibt es keine  medizinischen Notwendigkeiten und das Tierschutzgesetz beschreibt, dass  einem gesunden Tier keine Organe entfernt (amputiert) werden dürfen. 
            Dem  Hund wird viel von seiner Lebensqualität genommen. Das bekommt er  täglich zu spüren und natürlich fehlen ihm auch die Freuden und Leiden,  die zum Leben des erwachsenen Hundes gehören. Deshalb sollten wir  Menschen uns überlegen, wo unsere Fehler liegen oder gelegen haben und  sie nicht durch eine Operation des Hundes ausgleichen wollen. Die  Erfolgschance ist sowieso gering. Es ist sehr viel sinnvoller, wenn wir  das richtige Augenmerk auf die Prägung, Sozialisierung und die  Früherziehung unseres Hundes legen.             
            Wenn  ein wirklich erwachsener Hund im Alter von acht bis zehn Jahren aus  medizinischen Gründen oder auch Vorsorgegründen kastriert werden muss,  hat er seinen Platz in der Hundegesellschaft bereits gefunden und wird  nicht mehr darunter leiden.             Jung und gesund sollte aber kein Hund von seinem Besitzer zum Kastraten gemacht werden.  
            Ulrike Stickel" 
          Quelle: RZV f. Hovawart-Hunde e.V.  |